Das Wirtschaftswachstum hat ökologische Grenzen (und somit Auswirkungen auf die Umwelt) + es ist (scheinbar) möglich, diese Grenzen zu verschieben. Was du noch dazu wissen solltest? Wir haben Delphine Pouchain (Dozentin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Sciences Po Lille) und Clara Botto (Studentin im Masterstudiengang Internationale Entwicklung und öffentliche Politik, Mitglied von Youth for Environment Europe) zu dem Thema befragt und spannende Antworten bekommen. Achtung festhalten - es geht um Bäckereien, Donuts und den heiligen Gral!
First of all, kleiner Reminder an den Wirtschaftsunterricht: Das Wirtschaftswachstum entspricht der Zunahme der Menge an Gütern und Dienstleistungen, die in einem Land produziert werden. Einfach ausgedrückt, kann man damit den Zustand der Wirtschaft eines Landes zu einem bestimmten Zeitpunkt messen.
Laut Serge Latouche, einem französischen Wirtschaftswissenschaftler, basiert unsere gesamte Gesellschaft auf Wachstum und kann nicht ohne auskommen. Diese Abhängigkeit basiert auf drei Faktoren:
Aus wirtschaftlicher Sicht ist Wachstum eine gute Sache. Es ist sogar eine Art heiliger Gral. Man verbindet es mit Arbeitsplätzen, Wohlstand und der Verringerung von Ungleichheiten (und mit nichts anderem). In Sachen Umweltschutz ist es aber ein wenig komplizierter.
Laut der Umwelt-Kuznets-Kurve (ein anderer Wirtschaftswissenschaftler) wäre Wachstum ab einem bestimmten Zeitpunkt theoretisch gut für die Umwelt. Dafür sprechen mehrere Gründe:
Die Erde gibt es nur einmal und sie besitzt eine begrenzte Menge an Ressourcen. Auch wenn das Wirtschaftswachstum zu einem ökologischen Bewusstsein und einer Reihe von Innovationen führen kann (was cool ist), bringt es die Menschen dazu, immer mehr zu produzieren und zu konsumieren → das erzeugt viel Umweltverschmutzung und erschöpft den Planeten (und das ist nicht cool).
1420973 € gehen an die Person, welche die Antwort kennt! Wir können dir auch nicht die eine richtige Lösung sagen (sorry), aber wir fassen dir die Argumente beider Seiten zusammen:
Die "Mainstream"-Ökonom:innen haben die Natur in ihren Gleichungen so ziemlich außen vor gelassen. Es war dann aber schwierig, so zu tun, als würden die natürlichen Ressourcen nicht immer knapper werden. Also musste die Natur wieder in die Rechnungen und Kalkulationen integriert werden. Diese Wirtschaftsströmung versucht nun, Wachstum mit Umweltschutz zu vereinbaren. Man nennt das nachhaltige Entwicklung, grünes Wachstum oder auch Bioökonomie.
Wie soll das gehen? "Die Ökonom:innen meinen, dass wir die Natur deshalb zerstören, weil sie uns kostenlose Dienstleistungen erbringt, so wie die Photosynthese* oder die Bestäubung*", erklärt Delphine Pouchain. “Natürliche Ressourcen haben aber keine Eigentümer: Bäume und Fische gehören niemandem".
Weil diese Dienste kostenlos sind, geht die Rechnung nicht auf (eine Dienstleistung kostenlos erbringen?? how dare you). Ihre Lösung: Diese von der Natur erbrachten Dienstleistungen mit einem Preis belegen. So fließen sie in die Gleichung mit ein.
Neue Wirtschaftstheorien schlagen vor, das Wachstum zu begrenzen. Hier eine Kostprobe:
Das Ziel ist also nicht mehr unendliches Wachstum zu erreichen, sondern nur noch die Grenzen des Donuts einzuhalten. "Diese Theorie wird derzeit nicht allzu ernst genommen", räumt Clara Botto ein, "auch wenn die Stadt Amsterdam sie zum Beispiel als Grundlage für die Gestaltung ihrer öffentlichen Politik übernommen hat."
Es gibt mehrere Definitionen für dieses Konzept. Im Großen und Ganzen besteht die Idee darin, aus dem Wirtschaftswachstum auszusteigen, indem man den Konsum reduziert. Warum nicht? Es gibt aber zwei große Probleme dabei:
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Photosynthese: Eine von Pflanzen durchgeführte biochemische Reaktion, bei der Co2 in Sauerstoff und Nährstoffe umgewandelt wird.
Bestäubung: Natürlicher Prozess, der von bestäubenden Insekten (Bienen, Schmetterlinge usw.) durchgeführt wird. Sie sammeln Pollen und verbreiten sie in der Natur.
Interview mit Delphine Pouchain, Dozentin für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Sciences Po Lille
Interview mit Clara Botto, Studentin im Masterstudiengang Internationale Entwicklung und öffentliche Politik, Mitglied von Youth for Environment Europe
The Guardian
Utopia
Deutschlandfunk
BMUV