Chlordecon ist ein sehr (sehr, sehr) giftiges Pestizid, das von 1972 bis etwa 1993 insbesondere auf den Bananenplantagen von Martinique und Guadeloupe in sehr großen Mengen eingesetzt wurde. Damit sollte der Bananenrüsselkäfer bekämpft werden.
Es stellte sich ziemlich schnell heraus, dass das Mittel extrem giftig war:
Keine sehr tolle Sache also dieses Chlordecon.
Trotzdem wurde es in Frankreich erst im Jahr 1990 verboten. Theoretisch zumindest, denn in der Praxis wurden für Martinique und Guadeloupe Ausnahmen gemacht. Die beiden Inseln gehören nämlich zu Frankreich, sie sind sogenannte Überseegebiete und aus ehemaligen französischen Kolonien entstanden.
Dort war Chlordecon bis 1993 erlaubt. (Laut den Arbeiter*innen auf den Plantagen wurde es auch nach 1993 illegalerweise weiterverwendet…)
Chlordecon wirkt sich sehr stark auf die menschliche Gesundheit aus:
Da die Auswirkungen von Chlordecon trotz allem noch nicht ausreichend erforscht sind, werden aktuell noch weitere Studien durchgeführt.
Die ersten Betroffenen sind die Landarbeiter:innen, die dem Mittel jahrelang ohne Schutzausrüstung ausgesetzt waren.
Tatsächlich ist aber sogar noch heute ein großer Teil der Bevölkerung von Guadeloupe und Martinique mit Chlordecon vergiftet…
Das große Problem mit Chlordecon ist, dass es sich um ein "persistentes" Molekül handelt. Das heißt im Prinzip, dass es nicht verschwindet. Wenn es erstmal da ist, dann bleibt es auch eine ganze Weile → Schätzungen zufolge kann es zwischen 400 und 700 Jahren in der Umwelt bleiben!
Außerdem verbreitet es sich überall: im Boden, in den Flüssen, an den Küsten, bis in den Ozean. So verseucht es auch Pflanzen (vor allem Wurzelgemüse) und Tiere, die mit ihm in Berührung kommen (z.B. Fische, Schalentiere, Rinder…).
Und so landet das Chlordecon dann schließlich im Magen der Menschen. Betroffen sind vor allem diejenigen, die sich von selbst angebautem Gemüse ernähren, das in ihrem Garten auf kontaminiertem Land wächst. Oft sind das die Leute, die in der Gesellschaft eh schon am stärksten benachteiligt sind. Für sie ist ein eigener Gemüsegarten eine gute Möglichkeit Geld zu sparen. Denn: Gekaufte Lebensmittel werden in der Regel importiert, weshalb die Preise meist (zu) hoch sind.
Seit 2008 wurden vier Maßnahmen umgesetzt, um gegen die Auswirkungen von Chlordecon vorzugehen. Ihr Ziel war es vor allem, die Forschung voranzutreiben. Außerdem ging es darum, Lebensmittel zu überwachen, um die Verseuchung mit dem Pestizid zu begrenzen. Wichtig war und ist aber auch, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren und die Leute zu unterstützen, die durch verseuchten Boden oder Wasser in ihrer Arbeit eingeschränkt werden. (zB. Landwirt:innen, Fischer:innen)
Das aktuellste und vierte Vorhaben gilt für den Zeitraum 2021-2027. Die Hauptziele sind in etwa die gleichen:
In Martinique und Guadeloupe fordern viele Leute auch eine Wiedergutmachung. Sie wollen, dass der Schaden gesehen wird und sie als Opfer anerkannt werden. → Mehrere Gerichtsverfahren wurden darum schon eingeleitet:
Dazu kommt: Die gesamte Situation wird von vielen als sehr große Ungerechtigkeit empfunden. Eben weil das Pestizid auf dem französischen Festland schon früher verboten wurde, auf den beiden französischen Übersee-Inseln aber noch länger eingesetzt werden durfte. Viele Aktivist:innen finden, dass das Umweltrassismus* ist.
Wenn dich das Thema interessiert, empfehlen wir dir die ARTE-Doku “Glaub nicht, die Erde sei tot”. Check it out!
Umweltrassismus: Ein von Benjamin Chavis (ein afroamerikanischen Bürgerrechtler) geprägter Begriff, der umweltbedingte Ungleichheiten bezeichnet, die auf eine rassistische Gesellschaft zurückzuführen sind.